Wie angekündigt wollte ich ja noch was zur IAA Nutzfahrzeuge berichten. Wir waren erstmalig auf der Nutzfahrzeugmesse gebucht und das dann sogar auf zwei Ständen gleichzeitig. Das hat uns sehr gefreut, auch wenn ich mit der Thematik Auto nicht wirklich viel anfangen kann. Ich setzte voraus, dass mein Auto fährt und wenn es bezahlt ist freue ich mich. Mehr Leidenschaft kann ich in diese Richtung leider nicht entwickeln.
So wahnsinnig viel gibt es über die Messe auch nicht zu berichten. Die großen Autobauer haben Ihre komplett gemieteten Hallen von aussen komplett schwarz folieren lassen, so dass auch keiner nur einen Blick erhaschen kann und auf die Idee kommt könnte, zu sehen, dass man eigentlich nichts neues entwickelt hat und stumpf den Weg der Sackgasse weiter ausbaut. Auch wenn die Fachpresse das natürlich anders sieht, ist die Technologie von E-Fahrzeugen nun einfach nichts Neues mehr auf unserer Welt. Zum einen sind die deutschen Automobilkonzerne sowieso an aller letzter Stelle zu finden und zum Anderen ist die E-Technologie in meinen Augen eh eine Totgeburt, aus der noch versucht wird, satten Profit zu generieren. Nicht zu letzt aus Imagegründen wird promotet was das Zeug hält, aber eine technische Meisterleistung ist die E-Technik leider nicht und auf das weltweite Fahrzeuggeschehen eh nicht anzuwenden und somit zum scheitern verurteilt.
Das Bild, das für Fahrradfahrer auf den Gehwegen Brücken gebaut werden müssen, damit aus dem 12 Stockwerk des Hochhauses alle Fahrzeuge an der Straße mit Strom versorgt werden können, dessen Kabel dann auf den Bürgersteigen liegen, lässt eher einen Schildbürgerstreich vermuten oder einfach die Tatsache, dass Klimawandel dann doch nur für Besserverdiener und Eingenheimbesitzer relevant ist und nicht für die Masse.
Langer Vortext aber eigentlich gar nicht der Punkt auf den ich kommen wollte und der mich eigentlich zu diesem Blog-Eintrag motiviert hat. Um es zu erklären muss ich aber doch ein wenig ausholen, aber ich verspreche, nicht wieder abzuschweifen und über weltverbessernde Themen zu philosophieren.
Wie auch schon im letzten Jahr (ich hatte berichtet) haben wir im September diesen Jahres wieder die Tore der Glashütte für einen Verklebe-Lehrgang für Fahrzeug-Vollfolierungen geöffnet. Unser Lieferant, die Firma Farben Frikell aus Braunschweig (und ich schreibe hier ganz bewusst den Firmennamen, denn ich bin der Meinung, dass man das bei netten, kompetenten Lieferanten ruhig machen kann) hat die organisatorischen Dingen übernommen und wir den Kaffee und die schöne Glashütten-Halle zur Verfügung gestellt. Als Seminar-Leiter konnte wieder Robin Bös verpflichtet werden und somit war klar, dass wir zwischen viel lehrreichen Sequenzen auch eine Menge Spaß haben würden. Robin (wer mal sehen möchte, was der Kerl so macht, hier der Link auf seine Internetseite: www.robinboes.com ) hat mir aber bei diesem Lehrgang ein wenig die Augen geöffnet und dass nicht mit der Technik wie er ein Auto mit Folie beklebt, sondern mit einer kleinen Lebensweisheit aus dem Bereich der Arbeitsqualität. Dazu muss man wissen, dass Robin genau wie ich auch, sehr pedantisch an die Aufträge herangeht, die einem erteilt werden. Klar, man will immer das Beste geben und korrekte Arbeit abgeben. Das es aber manchmal einfach Dinge gibt, die es zulassen, es mit der Genauigkeit etwas großzügiger zu sehen und trotzdem zu einem guten Ergebnis zu gelangen, muss man als Pedant einfach lernen.
Dass er damit sowas von Recht hat, ist mir umgehend nach dem Lehrgang auf der IAA klar geworden. Ja, es ist mein Ziel, immer gute und exakte Arbeit abzuliefern. Aber man muss dafür seine eigenen Ansprüche einfach mal an die Kunden anpassen. Um das zu verstehen ein kleines Beispiel: bei der Folierung von Fahrzeugen gibt es sehr knifflige Stellen (Türgriffe zum Beispiel). An diesen Bauteilen kann ich unendlich viel Zeit verbringen, um die Folie in einem Stück zu verkleben. Viel einfacher ist es aber, wenn man an geeigneter Stelle einen Cut vollzieht. Das widerstrebt natürlich dem Ehrgeiz eines Profis, ist aber für den Endkunden nicht zu sehen und tut dem ganzen Erscheinungsbild keinen Abbruch. Klar, ein Experte würde diese Schnittstelle sehen, weil er danach sucht. Der Kunde aber nicht, weil er vom gesamten Ergebnis überzeugt ist. und es tut der Sache keinen Schaden an, es hat keinen Einfluss auf die Haltbarkeit und auch auf das Aussehen, reiner Ehrgeiz halt.
Und damit zum Kernpunkt: Warum muss ich es mir – nur für mein eigenes Ego – schwer machen, wenn es auch viel einfacher und schneller gehen kann und zu einem akzeptablen Ergebnis führt?
Zurück zu dem Messestand, den wir bekleben sollten. Unsere Aufgabe war es, eine Wand in S-Form (also mit Außen- und Innenwölbung) zu bekleben. Ungefähr 15 Meter lang und rund 1,70 Meter hoch mit einem durchgehenden Motiv und das ganze in 4,50 Meter Höhe auf einem Gerüst. So etwas geht natürlich nicht aus einem Stück, sondern wird in mehreren Bahnen aneinander geklebt, ähnlich wie bei einer Tapete. Nur passen muss es natürlich, was hierbei die Schwierigkeit ist.
Bei diesen Konstruktionen kommt es – besonders beim Messebau – vor, dass nicht alles auf den Millimeter genau gebaut werden kann. Somit kann es dann grade nach einer Wölbung in der Wand dazu kommen, dass der passgenau gedruckte Digitaldruck nicht mehr optimal an das Folgestück passt. Man sieht sowas auch recht häufig bei großen Plakatwänden, die an den Straßen stehen. Diese werden auch aus mehrteiligen Papierstücken zusammengekleistert. Oft sieht man dort einen Versatz, dass die Einzelteile nicht korrekt aneinander passen. Bei Plakatwänden fällt das nicht jedem so auf, weil sie oft an der Straße stehen und man nur schnell mit dem E-Auto (sorry) vorbeifährt. Bei so einen Messestand, der ja zum Großteil auch dafür gebaut wird um visuell zu wirken, muss da schon wesentlich genauer geklebt werden.
Um es nicht in die Länge zu ziehen: Wir haben es nicht hinbekommen, die vierte Druckbahn nach einer Wölbung passgenau anzufügen. Und es lag einzig und alleine daran, dass ich zu genau sein wollte. Wir hatten im Motiv einen Versatz von ca. 1 Millimeter. Was man, wenn man direkt davor steht natürlich sieht, wenn man aber aus 4,50 Entfernung in die Höhe schaut, nicht wirklich wahr nimmt. Das weiß ich jetzt natürlich auch, aber in dem Moment, als wir diese Bahn geklebt haben, war mein falscher Ehrgeiz zu groß, dass wir uns einen Wolf an der Bahn geklebt haben, um es passig zu bekommen. Wir haben rund 1 ½ Stunden dafür gebraucht, wofür wir sonst nur 25 Minuten benötigen. Völlig überflüssig.
Glücklicher Weise zog sich die Montage geplant über mehrer Tage. Somit hatten wir Zeit, uns nach Feierabend noch mal Gedanken zu machen, wie wir es besser machen können. Zum Glück fiel mir dann Robin ein und die Aussage, das ganze mal mit einem gewissen Abstand zu betrachten und vielleicht aus „exakt“ auch nur mal „genau und ordentlich“ zu machen.
Und so haben wir es dann auch getan. Wir haben natürlich sauber gearbeitet, aber uns nicht an Klitzekleinigkeiten aufgehalten, sondern haben uns, wenn wir uns nicht sicher waren ein Bild vom Standpunkt des Betrachters gemacht. Das hat uns zwar zeitweise mal 5 Minuten mehr Zeit gekostet, weil man erst vom Gerüst herunterklettern musste. Aber was sind diese 5 Minuten gegen 1 ½ Stunden Mehrzeit bei der Montage.
Letztendlich haben wir so unsere Ziele erreicht: Fertigstellung in angebotener Montagezeit zum vorgesehenen Zeitpunkt zu den angebotenen Kosten. Der Auftraggeber war zufrieden und der Chef des 7 Mrd Euro Unternehmens war begeistert. Was wollen wir mehr.
Nicht das wir uns falsch verstehen. Gepfuscht wird nicht. Wer pfuscht kann es nicht und sollte es sein lassen! Aber man darf die Arbeit optimieren, wenn das Ergebnis stimmt.