28.05.20 Epidemic Festival

Wie so oft kommt die Lösung plötzlich und unerwartet. Nun wird dieser Blogeintrag nicht die Welt verändern und auch nicht das Corona-Virus vernichten, aber er hilft vielleicht wieder ein Stück weit aus dem Koma des nicht wirklich dagewesenen Lockdown zu kriechen. 

Ich hatte mich schon seit Anfang der Krise gefragt, ob es einen Weg gibt, wirtschaftlich dem ganzen etwas positives abzugewinnen. Mein Fazit bisher: Leider nein. Ja, wir haben Fußbodenaufkleber für Handel und Gewebe produziert und einige Schilder, Poster und Acrylglasverkleidungen verkauft. Ich kann aber nicht behaupten, dass ich in irgendeiner Weise aus der Pandemie Sache Profit geschlagen habe. Die gefertigten Produkten haben nicht mal die Verluste abgedeckt, sondern lediglich dazu beigetragen nicht ganz den Kopf in den Sand zu stecken. Wie sagte doch eine befreundeter Landwirt letzten zu mir: Wenn man bis zum Hals in der Gülle steht, sollte man den Kopf nicht hängen lassen. Ich mag diese Art von Humor.

Ich bin nicht auf den Zug aufgesprungen und habe Masken genäht und bedruckt. Die letzten zwanzig Jahre meiner Selbständigkeit habe ich mich daran gehalten, nur Dinge zu fertigen und zum Kauf anzubieten, von denen ich überzeugt war. Diese Einstellung werfe ich jetzt nicht mal eben über den Haufen. Genau so habe ich in meinen T-Shirt-Shop nicht auf einmal blödsinnige Corona-Shirts mit dämlichen Sprüchen angeboten. Bevor ich auf dieses Niveau sinke, gehe ich lieber zum Nachbarn und stecke mal flugs meine Hand in die laufende Kreissäge. Zu meiner Schande muss ich aber gestehen, dass mir auch nicht besonders viel kreatives eingefallen ist, was man in Zusammenhang mit Corona sinnvoll vermarkten kann. Bis auf ein paar bedruckte Turnbeutel mit #supportyourlocals und individueller Postleitzahl ist nichts weiter von mir auf den Markt gebracht. Die wiederum sind aber gut (!) und auch neben dem Produkt als solches, deutlich nachhaltiger, weil die Beutel langlebig sind und man diese Aussage gerne noch nach einer Corona-Krise nutzen darf.

Auch noch in anderen Farben erhältlich

Jetzt bin ich aber in der wunderbaren Lage auch noch ein hervorragendes, kreatives und nachhaltiges Kleidungsstück in Form eines T-Shirts zu promoten. Ein ehemaliger Kollege und begnadeter Grafikdesigner aus einer alten Wirkungsstätte rief mich die Tage an. Ich würde da doch so in T-Shirts machen, sogar in Bio. Er hätte da mal so eine Idee.

Thomas kenn ich noch aus Zeit, in der ich mich als Grafiker im Angestelltenverhältnis durchschlug. Wir haben zusammen gearbeitet und teilten uns ein Büro. Markenzeichen dieses kreativen Raumes war das permanent dudelnde Radio. Wir verdrückten beide eine Träne als damals DT64 seinen Sendebetrieb einstellen musste und dem Mainstream-Sender Sputnik weichen musste (Jetzt könnt ihr alle mal schön googeln in welchem Jahrhundert das war).

Nun muss man wissen, dass so wohl ich, als auch besagter Thomas liebend gerne die lauen Sommerabende auf Open-Air-Festivals verbringen und neben lauschigen oder auch härteren Klängen gerne das ein oder andere Kaltgetränk zu uns nehmen. Diesen Sommer sind wir dahingehend natürlich die Gekniffenen. Alle Konzerte, alle Festival sind ja erstmal abgesagt. „The Lost Summer“. Somit auch keine Gelegenheit sich am Merchendise-Stand durchzudrängeln und ein T-Shirt seiner Lieblingsband zu konsumieren und mit stolzer Brust und leichtem Bierbauch durch die Gegend zu tragen.

Thomas hat aus der Not eine Tugend gemacht. Denn so gesehen, sind wir Teil einer ganz besonderen Generation. Generation Zero, sozusagen. Und auch wenn man der Situation nicht viel abgewinnen kann, so hat man die Möglichkeit, seinen Kindern und Enkelkindern später mal zu erzählen, wie das damals so war. Denn wir waren mit dabei, auf der Welttour des „Epidemic-Festival 2020“

Ich finde eine sehr schöne, kreative Idee mit der Lebenslage klar zu kommen. T-Shirts gibt es über www.daug-design.de und wenn wir uns über die Tantiemen einig werden (Design ist ein knallhartes Geschäft) wahrscheinlich auch in Kürze bei uns im Shop unter www.myartworkshirt.de .

Zoomt mal ran: echt krasse Bands spielen da 😉

07.05.20 Heute ist Frankreich

Aus lauter Frust. Eigentlich hätte ich diese Woche den Wohnwagen aufbereitet, um nächste Woche unseren vierzehntägigen Jahresurlaub anzutreten. Nach Frankreich. Die Sterne standen Anfang des Jahres auch selten günstig, für diese überfällige Maßnahme. Die Kunden waren größtenteils informiert und die „Vertretung“ organisiert. Haus, Hof und Tiere hätte die Kinder übernommen und ich wäre mit meiner Frau endlich mal wieder in das Land des Baguettes gefahren, um in der Abendsonne vorm Wohnwagen alkoholisierte Traubenprodukte der Region in den Farben Weiß und Rot zu kosten. 

Soweit der Wunschtraum. Die allseits bekannten Faktoren der Reisebeschränkung und vor allem die aufgebrauchte Urlaubskasse machen unsere Pläne zu Nichte. Selbst ein Wochenende in Holzminden an der Weserschleife ist derzeit nicht drin. Zu wichtig ist es, im Büro zu bleiben und die Aufträge abzugrasen, die der Markt so bietet und zu klein das Budget, weil man ja nicht weiß was noch so kommt oder wie es überhaupt weiter geht. Der Grashalm, dass die aus März verschobenen Messeaufträge nun im September zum tragen kommen, ist im Coronawind umgeknickt. Auch für den Herbst sind alle Messen bereits abgesagt.

Wir können von Glück reden, dass dieser Bereich nur ein Viertel unseres Umsatzes ausmacht. Trotzdem sind 25% weniger Umsatz mit Ansage nicht grade spaßig. Wenn man dazu noch unterm Strich die letzten zwei Monate zum Stundenlohn von unter 6 Euro gearbeitet hat, ohne Rentenabsicherung, da alle „nicht systemrelevanten“ Ausgaben zusammengestrichen wurden, kein Grund zum Jubeln und kein Faktor, der Motivation bis in die Fingerspitzen erwarten lässt. 

Trotzdem natürlich zu viel, um unser vor vier Jahren begonnenes Projekt Glashütte in den Wind zu schreiben. Zu viel Herzblut, Schweiß und Tränen stecken im Gemäuer und die Tatsache, dass es vor Corona gut gelaufen ist, lässt mich nicht daran zweifeln, dass es der richtige Schritt war. Nur wird uns gerade mal wieder sehr viel Mut und Ausdauer abverlangt und ein Glaube an die Hoffnung, dass sich dieses auszahlt.

Noch eine kleine Anekdote von der N-Bank gefällig? Ich hoffe in die Gunst eines Kredites zu gelangen: Niedersachsen-Liquiditäts-Kredit. In der Sache keine schlechte Maßnahme. Soweit vorweg. Kann ja nicht alles immer schlecht reden. Bis auf die Tatsache, dass ich natürlich keinen Kredit aufnehmen wollte und mir ein Kredit in der veranschlagten Höhe für die Zukunft sämtliche Investitionen verbaut, da meine Liquidität zwar gepuscht wird, meine Kreditwürdigkeit aber an die Grenze gelangt. Aus Erfahrung weiß ich, dass das nicht gut ist, denn in meiner Branche ändert sich viel und man sollte immer etwas in der Hinterhand haben, um auf Marktsituationen und Neuerungen zu reagieren. Zu behaupten, dass ich mit dem derzeitigen Maschinenpark die nächsten fünf Jahr hinkomme, wäre töricht zu glauben. Aber was soll ich tun? Es wird jetzt in Zukunft ein deutlich schwierigeres Unterfangen.

Die Antragstellung stellte sich als nicht schnell und einfach heraus, wie von der Politik angepriesen, sondern als umfangreich – also so wie es bei jedem anderem Darlehen auch ist. Besonders schön war, dass ich mir am 22. April die Vertragsformulare nach einer Registrierung herunterladen konnte, um alle notwendigen Unterlagen zusammen zu sammeln. Das Ausfüllen der Formulare ist auch keine Sache, die man mal so nebenbei macht. Als ich am 24. April alles soweit fertig hatte, mein Steuerberater auch noch die notwendigen Bilanzen generiert hatte, wollte ich den umfangreichen Datenwust nun ordnungsgemäß auf den Server der N-Bank laden. Leider zu spät. Denn am 24. April hatte sich das Antragsformular geändert und alle Formulare aus der Vorzeit wurden nicht mehr anerkannt. Kein Wunder also, dass ich nicht auf einen Stundensatz eines Mindestlohn-Arbeiters komme, wenn man Sisyphusarbeit leisten muss.

Mein Ricard wird warm.
Gesund bleiben und Mama die Daumen drücken!