29.08.20 Kannste mal

Ihr kennt das sicherlich: Man bittet Euch um einen Gefallen. Kein Problem, wenn man lieb gefragt wird, ist man in der Regel ja immer bemüht zu helfen wo man kann. Gefallen erbringen hat nichts damit zu tun, eine Gegenleistung zu erwarten. Man gibt es gerne. Meine Frau und ich haben in unserem Urlaub auch einer Freundin und ihrem Mann beim Bau einer Terrasse unterstützt. Ganz ohne zu erwartende Gegenleistung, einfach aus dem Grund heraus, dass wir alles geben ihr zu ermöglichen mit den Rollstuhl noch einmal Sonnenlicht zu erblicken und nicht 24/7 im Pflegebett liegen zu müssen, obgleich sie jünger ist als wir. Die leuchtenden Augen der Dankbarkeit geben einem mehr als ein Honorar oder das Versprechen sich zu revanchieren.

Anders verhält es sich jedoch bei Gefallen, um die ich gebeten werde, die in Wirklichkeit keine Hilfestellung darstellen, sondern aus puren Eigennutz gestellt werden. Klassisches Beispiel in meiner Branche ist die Aussage: „Mensch, du machst ja T-Shirts oder Aufkleber. Ich hab da so eine Idee. Kannste mal…“ Nein. Kann ich nicht. Nicht ganz richtig, kann ich ja schon, aber ich will es nicht! 

Letztens hat mich ein Bekannter gefragt, ob ich helfen kann ihm ein Grafikprogramm zu erklären. Dieser „Bekannte“ ist ein Mensch den ich sicherlich mag und schätze, aber mit dem ich in meinem Leben außer einer Geschäftsbeziehung über drei Ecken noch nie etwas zu tun hatte. Wieso kommt dieser Mensch auf die Idee, dass ich meine Freizeit opfere, um ihm einen „Gefallen“ zu tun, damit er es leichter hat mit einem Programm umzugehen, welches für Profis konzipiert wurde? Natürlich für lau, so nach Feierabend, wenn es ihm passt. Hallo? Jemand zu Hause? Fragt irgendjemand von Euch einen Malermeister, ob er Euch mal so nebenbei beibringen kann wie man ordentlich tapeziert? Geht jemand von Euch zum Tischler und fragt einen Tischlermeister, ob er mal erklären könnte wie man eine Schublade baut? Ich behaupte, das sich so etwas die allerwenigsten überhaupt trauen zu fragen. Warum bitte schön, verlangt man von mir, dass ich mein über Jahrzehnte erlerntes Handwerk einfach so preis gebe und das selbstverständlich für lau, mal eben nebenbei nach Feierabend? Jeder Maurer der nebenbei eine Garage hochzieht oder der Elektriker der ein paar Strippen neu verlegt hält am Ende des Arbeitstages – auch wenn es ein Gefallen für den Nachbarn war – die Hand auf und wird selbstverständlich für seine erbrachte Arbeitsleistung entsprechend entlohnt. Entschuldigung, aber wenn ich mich an den Rechner setze und jemandem etwas erkläre, dann bedeutet das für mich pure Arbeit und ich sehe keinen Grund, dass meine Arbeit nicht auch entlohnt werden sollte.

Wenn ich aus Gefallen mal ein paar Aufkleber machen soll, dann bedeutet das nichts als Arbeit für mich und ist gleichzusetzen mit Zement mischen oder Kabelkanäle installieren. Es bedeutet Arbeit, zu der ich in meiner Freizeit nicht bereit bin sie zu leisten, genau so wie jeder normale Mensch auch. Wenn ich im Rahmen eines „Gefallens“ Arbeit leisten soll, damit der Empfänger ein Benefit bei seinen Freunden hat, weil er sie mit ein paar irrwitzigen Aufklebern ausstatten kann, dann ist das kein Gefallen, sondern eine Dienstleistung, denn ich habe davon gar nichts! Ihr könnt mir gerne mal schreiben, welche Dienstleistung ihr als Gefallen in der letzen Zeit umsonst bekommen habt. Ich bin sehr gespannt. 

Nur damit wir uns nicht falsch verstehen. Es geht mir nicht darum, dass man mir unter der Hand Geld zu steckt. Das habe ich nicht nötig. Es geht mir um Wertschätzung meiner Arbeit, ganz genau so wie bei einem klassischen Handwerker à la Zimmermann, Dachdecker oder auch einer Reinigungskraft! Diese Überheblichkeit „ist ja nur ein bisschen was am Computer, das ist ja keine Arbeit“ kann ich nicht leiden und dulde ich auch nicht.

Bevor ich für Menschen, die diese Einschätzung vertreten, arbeite, gehe ich lieber mit meinem Enkelkind auf dem Spielplatz schaukeln. Die leuchtenden Augen geben mir mehr als ein feuchter Händedruck und das schmierig, scheinheilige Versprechen, dass für meine getane Arbeit sicherlich mal der ein oder andere Auftrag herausspringen wird. 

13.08.20 Anna

Hurra, hurra die Post ist da. So haben wir die letzen Jahre hier im Steinkrug verbracht. Drei, vier Tage lang kein Briefausträger in Sicht und dann die geballte Ladung an einem Tag. Mittlerweile ist das Schnee von gestern, denn ein neuer Post-Fahrer hat unseren Bezirk übernommen und seit dem klappt es ganz prima mit der Zustellung von Briefen und Paketen und auch die Mitnahme unserer frankierten Geschäftspost funktioniert, auch wenn wir noch in der glücklichen Lage sind im Steinkrug über einen Briefkasten zu verfügen, der sogar regelmäßig geleert wird. Nun muss der junge Briefbote noch lernen, dass der Vormieter seit fast zehn Jahren hier nicht mehr zugegen ist und dass wir keinen Wert auf die eingeworfene Werbung für den damaligen Gartenbaubetrieb haben. Vor allem nicht, wenn in diesen großen Umschlägen immer nur linke Musterhandschuhe für Gartenbau-Interessierte mitgeliefert werden und nie ein komplettes Paar.

Einige oder besser gesagt nur Probleme haben wir mit einem Paket-Dienst. Nun möchte ich hier keine Anekdoten über Paketzustellung berichten. Davon gibt es ja nun wirklich Unmengen kurioser Berichte im Netz. Mir geht es da eher um die umgekehrte Paket-Dienstleistung. Wir versuchen seit März diesen Jahres Business-Kunde eines Paketdienstes zu werden, der unsere Pakete, welche wir an unsere Kunden und Besteller versenden möchten, bei uns abholt und ordnungsgemäß zustellt. Best möglicher Weise sogar in dem Zeitraum zustellt, den wir für das Paket vorgesehen haben, um es beim Namen zu nennen: Express.

Nun sind wir keine Viel-Versender. Soll heißen, wir haben vielleicht ein Versandaufkommen von 10 bis 20 Paketen im Monat. Damit sind wir natürlich auch nicht der attraktivste Kunde. Aber es gibt Paketdienste, die diese Kleinkunden wie mich kategorische ablehnen und es gibt welche, die trotz meines geringen Sendevolumens ihre Dienstleistung für mich bereitstellen. Dass ich als Kleinkunde nicht die besten Konditionen bekomme, ist selbstredend. Das ist mir aber relativ gleichgültig, denn die Alternative für mich besteht darin, jedes Paket in das Nachbardorf zur Postfiliale zu kutschieren und dass kostet meine Zeit und wirtschaftlich gesehen somit auch Geld. So nehme ich also einen höheren Paketpreis gerne in Kauf, wenn die Pakete aus meiner Firma abgeholt werden. 

Und jetzt kommen wir zu Theorie und Praxis: Der besagte Paketdienst ist sehr bemüht, mich als Kunden zu gewinnen. Nach meiner Anmeldung als Business-Kunde per Internetkontaktformular erhalte ich schon innerhalb von nur drei Stunden eine Rückmeldung per Telefon, womit ich nun wirklich nicht gerechnet habe. 24 Stunden später verfüge ich über eine personalisierte Preisliste, einen Online-Zugang zum Business-Portal, wo ich meine Pakete zur Abholung anmelden kann und nach weiteren 24 Stunden erreicht mich ein Paket mit hilfreichen Versandutensilien, wie ein Maßband, Versandaufkleber, Express-Paket-Band etc. Alles in allem sehr vorbildlich und super professionell. 

Ich mache es kurz und bringe es auf den Punkt: Es funktioniert nicht. Meine Sachbearbeiterin heißt Anna. Sie ruft aus dem Süden Deutschlands bei mir an und ist sehr bemüht mich bei Laune zu halten und mich als Neukunden nicht zu verlieren. Eigentlich tut es mir schon richtig leid um Anna. Sie gibt wirklich alles und würde meine Frau nicht zusammen mit mir im Büro sitzen und das Desaster der Paketabholung täglich mitbekommen, würde sie meinen, dass Anna eine vermeintliche Nebenbuhlerin sein könnte, so oft, wie ich sie am Telefon habe. Anna versucht aus ihrer Zentrale irgendwo bei Nürnberg alle Register zu ziehen, den beauftragten Subunternehmer für unseren Sektor dahingehend zu motivieren, bei uns in der Glashütte Pakete abzuholen. Leider nahezu erfolglos, denn die Quote für eine abgeschlossene Transaktion im Sinne von Abholung und Zustellung eines stink normalen Paketes ist mittlerweile bei gerade mal 20% angelangt, was für einen zuverlässig auftretenden Paketbeförderer mehr als nur ein Armutszeugnis ist. 

Bekanntlich haben wir jetzt August und es ist nur Annas Beharrlichkeit zu verdanken, dass ich weiterhin gewillt bin Pakete mit diesem Dienstleister zu versenden. Aber Reaktionszeit von 5 bis 7 Tagen zur Abholung eines Paketes sind inakzeptabel, das weiß auch Anna.

Nun habe ich mir eine große Verpackungseinheit von Paketmarkern der Post geholt. Somit unterstütze ich den im Nachbarort gelegenen Schreibwarenladen mit Postfiliale, denn irgendwie müssen die angesammelten Pakete ja mal rechtzeitig zu den Kunden. Die glauben derzeit auch schon, dass ich nicht ganz richtig ticke, wenn ich mal wieder erzähle, dass besagter Paketdienst die Sendung nicht abgeholt hat. Der lieben Anna bleibe ich aber auch treu. Wir mailen täglich. Immer wenn ich ein Paket versenden möchte, melde ich es im Online-Portal ordnungsgemäß an. Definiere den Abholtermin und wird dieser nicht eingehalten, schreibe ich Anna eine E-Mail – ein sogenanntes Ticket – mit meiner Beschwerde über die Nichtabholung und versende das Paket Tags drauf mit der Post. 

Bald brauche ich wieder Nachschub von diesen Paketscheinen der Post. Und Anna hat sich jetzt seit einigen Tagen nicht mehr bei mir gemeldet… Ich will nicht hoffen, dass sie sich auf den Weg nach Hannover gemacht hat, um den Subunternehmer für meinen Sektor mit der bei Ebay ersteigerten Kalaschnikow etwas Nachdruck zu verleihen, meine Sendungen im Namen des Paketdienstes schleunigst abzuholen und zu transportieren. Wenn ihr also mal irgendwo eine Frau seht, die einen Sprinter mir roter Aufschrift mit Waffengewallt bedroht, dann lasst Anna das mal in Ruhe durchziehen, damit sie besser schlafen kann und wir unsere Pakete abgeholt bekommen. 

Kontaktlose Übergabestation für Pakete – auch für Abholer

08.08.20 Schwalben- und Firmenstatus

Wie versprochen vermelde ich vier geschlüpfte Küken aus dem Rauchschwalbennest. Mama und Papa sind wohl auf und jagen um die Glashütte nach den besten Leckereien für die Kleinen. Auf Grund der ganzen Wildwiesen um uns herum, müssten sie eigentlich reichlich Insekten finden, die zum schnelle Wachstum beitragen. Ein Foto gibt’s leider nicht. Wir halten uns erstmal ein wenig zurück und stören das Nest nicht. Wenn die Brut etwas größer ist und die aufgesperrten Schnäbel über den Nestrand gucken, wird noch Zeit für ein Familienfoto sein.

Somit nutzen wir das Hier und Jetzt und machen eine Woche Urlaub im Steinkrug. Nettes Ambiente, wunderschöner Garten. Natur, Tiere, Ruhe und edle Tropfen aus Gerste und Trauben. Sind eigentlich keine schlechten Faktoren für eine erholsame Zeit. Nur, dass das Büro so dicht in der Nähe ist, das stört mich schon. Und ich wette auch darauf, dass trotz Ankündigung unseres Urlaubs irgendein Kunde kommt und unsere Auszeit stört. Das ist der eigentliche Grund, warum ich im Urlaub auch immer gerne einen anderen Standort bevorzuge. Aber wie schon gesagt: Positiv denken und mal wieder genießen, denn wir haben es hier echt schön.

Wir werden in unserem Urlaub noch genügend Zeit haben, das Gelege zu beobachten. Urlaub? Ja, richtig gelesen. Wir machen Urlaub. Eigentlich wollten wir ja im Mai zwei Wochen Betriebsferien machen und samt Wohnwagen nach Frankreich fahren. Aus allseits bekannten Gründen ist es ja nicht dazu gekommen. Zwar ist die Gesamt-Corona-Lage leider noch nicht durchgestanden und steigende Infektionszahlen machen schon nachdenklich, aber wir kriechen etwas auf dem Zahnfleisch und brauchen mal eine kurze Pause. Wir können uns glücklich schätzen, dass wir im Juni und Juli wie gewohnt alle Hände voll zu tun hatten. Seit einigen Jahren betreuen wir einen Kunden, dessen Hochsaison in diesen Monaten ist und der uns auch dieses Jahr glücklicher Weise mit Aufträgen bedacht hat. Sowas hat in der Regel zur Folge, dass meine Frau und ich dann zu Arbeitsschweinen mutieren. Stress ist dann unser Adrenalin-Schub, unsere tägliche Droge. 12 bis 14 Stunden, teilweise bei 7/7 ziehen wir gnadenlos durch. Aber es hinterlässt natürlich auch seine Spuren und deswegen hat mich meine Frau genötigt vom 17. bis 21.8. den Laden dicht zu machen. Nicht das ich ein Problem damit habe Urlaub zu machen. Aber für mich bedeutet Urlaub eigentlich immer auch ein Ortswechsel. Wir haben uns aber entschlossen, uns nicht dem Reisewahn hinzugeben und bleiben zu Hause in der Glashütte. Das Risiko für uns einen Auslandaufenthalt zu machen, ist einfach zu groß. Nicht, dass die ganzen Urlaubsländer nicht bemüht sind alle Hygiene-Regeln umzusetzen. Das ist nicht das Problem. Das Risiko liegt einfach in meinen Augen darin, dass man vielleicht grade Pech hat und das Hotel, der Flieger oder der Campingplatz einen Infektionsfall hat und wir nach einer kurzen Woche Urlaub eben noch mal aus Sicherheitsgründen 14 Tage in Quarantäne müssen und somit aus einer Woche drei werden. Und das können wir uns dann doch beim besten Willen nicht erlauben. Denn obgleich ich grade groß getönt habe, dass wir ordentlich zutun hatten, muss man das auch realistisch betrachten: Den Überschuss den wir in Juni und Juli erwirtschaften benötigen wir in der Regel für die schlechten Monate November und Dezember. Dieses Jahr ist es aber so, dass der Juni und Juli die Monate März, April und Mai ausgeglichen hat und es gut sein kann, dass es zum Ende des Jahres echt eng wird. 30 Prozent Umsatzeinbußen durch ausbleibende Messe- und Veranstaltungsaufträge sind nicht aufzuholen. Aber nicht gleich wieder den Kopf in den Sand stecken. Ich bin dankbar, dass wir erstmal wieder aufatmen können. Und wer weiß, was dieses Jahr noch so passiert. Ich wage keine Prognose.