27.12.2022 Jammern mach ich später

Fast ein Jahr habe ich mich hier nicht blicken lassen. Was nicht ganz richtig ist, weil ich täglich massenweise Spam-Mails löschen muss und Informationen über versuchte Hackerangriffe zur Kenntnis nehme. Geschrieben habe ich aber nicht, was ganz gewiss nicht in Ordnung ist. Aber seit Kriegsbeginn fehlt es an Input. Es fehlt an freudigen Ereignissen und nicht weniger ausschlaggebend: Es fehlt an Umsatz. Die Gefahr in Jammerei zu verfallen, war somit in den letzten Monaten nicht ausgeschlossen. Es widerstrebte mir aber darüber zu berichten. 

Das nahende Jahresende erlaubt mir ein Resümee, welches lautet: Es kann nur besser werden. Es muss sogar besser werden, denn wenn es weiter so mau läuft, dann wird’s mächtig eng für 2023. So wie es sich darstellt, haben wir dieses Jahr 25 Prozent weniger Umsatz gemacht. Das klingt handelbar, wenn im Vorfeld die Corona-Jahre nicht selbige Minusrekorde zu Tage gebracht hätten. Mich deprimiert vornehmlich, dass der Umsatz zwar nur um ein Viertel gesunken ist, beim Gewinn aber ein Mega-Minus von 60 % zu verzeichnen ist. Wir haben also viel gearbeitet und vergleichbar wenig daran verdient. 

Wer mich kennt, weiss, dass mir Statussymbole nicht wichtig sind. Meine Lebensdevise heisst nicht Reichtum, sondern Glück. Aber wenn es trotz hoher Arbeitsleistung nicht mehr dazu reicht, in die Rentenkasse einzuzahlen, dann frustriert das ungemein. Da kann man schon richtig schlecht drauf kommen, wenn man den Taschenrechner zur Hand nimmt und einmal ausrechnet, dass man die Lebensarbeitszeit eines Angestellten eigentlich schon überschritten hat (ausgehend von einer Selbständigen-typischen Arbeitszeit von 12 Stunden pro Tag und gerade mal 14 oder 21 Tage Urlaub im Jahr). Von der utopischen Vorstellung mit 55 mal einen Gang runter zu schalten und mit 60 in das Rentenalter einzutreten, habe ich mich schon verabschiedet, bevor wir den Schritt in die Glashütte gewagt haben. Das jetzt aber die 65 oder gar schon die 67 auf der Kippe steht, ist demotivierend. 

Fazit: Ich arbeite weiterhin gerne und wenn es sein muss rutsche ich mit meinen fast 54 Jahren weiterhin auf den Knien, um Fahrzeuge zu beschriften oder Messestände zu bekleben. Aber es reicht eben nicht, nur die steigenden Materialpreise an meine Kunden weiter zu geben. Auch die Entlohnung der Arbeitsstunden müssen deutlich angepasst werden. Denn für mich als Selbständiger ist der Einkauf im Supermarkt auch nicht günstiger geworden.

Die Erhöhung der Preise wird vorrangig den Kleinkundenbereich treffen. Zu unserer Käuferschicht zählen auch viele Vereine, und Non-Profit-Organisationen. Institutionen, die wir immer gerne unterstützt haben und bei denen nicht so genau auf Effektivität geachtet und eine Kosten-Nutzen-Rechnung angewandt wurde. Diese Art der Aufträge bedeuten aber immer einen nicht unwesentlich Faktor an Mehraufwand im Vergleich zu Bestellungen aus dem Handel, von Marketingagentur, Grafikabteilung oder Druckdienstleister. Den Mehraufwand muss ich jetzt leider kalkulieren und mit in die Abrechnung einbeziehen.

Böse Zungen könnten jetzt behaupten, dass wir eine Monopolstellung ausnutzen, da der einzig verbleibende Kollege im Umland im letzten Jahr die Tore geschlossen hat. Weit gefehlt! Der Überlebenskampf geht weiter. Denn wenn überhaupt findet bei dieser Art von Aufträgen mit Glück eine Kostendeckung statt. Kein Cent mehr. Machbar und mitfinanziert durch Großkundenaufträge die leider – siehe oben – deutlich zurück gegangen sind.

Gibst auch noch was schönes zu berichten? Eine Mitarbeiterin bekommt Nachwuchs. Das ist schön. Punkt. Auch wenn jeder Kleinunternehmer jetzt Magenschmerzen bekommt. Mir wäre es natürlich auch lieber, wenn ich in einer eh schon sehr angespannten wirtschaftlichen Lage nicht noch eine Entscheidung über die Neubesetzung einer Stelle treffen müssten. Aber das soll die Freude über einen neunen Erdenbürger*in nicht schmälern.